Musik und Mathematik

Gedanken über…

Gamelan Gong Kebyar

"Reyong"

Ein Instrument des Gamelan Gong Kebyar, das Reyong. Es wird normalerweise von vier Musikern bespielt.
(Foto: I. Kowsoleea)

Über die Musik

Der Begriff „Gamelan” steht im allgemeinen für unterschiedlichsten Musikensembles Indonesiens. Siehe dazu z.B. den Wikipediaeintrag für Gamelan. Ich möchte mich hier beschränken auf eine Musikart die von Bali stammt und erst im 20. Jahrhundert entstanden ist: Gamelan Gong Kebyar.

Der „Gong Kebyar” Stil ist der jüngste Vertreter der vielen Musikstilen Balis. In ihm sind vielen der älteren Stilen aufgegangen so wie z.B. der Gong Gedé. Das Wort Kebyar heißt (laut Wikipedia) so viel wie „plötzlich aufflackern” oder „aufplatzen”. Der Kebyar-Stil zeichnet sich durch eine hohe Virtuosität aus. Siehe z.B. diesen Youtube-Beitrag.

Es gibt eine sich wiederholende Hauptmelodie die von den tieferen Intstrumenten (Undir, Jegogan – große, tief klingende Metallofone) an gewissen Stellen verstärkt wird. Es gibt die rhythmische Untermalung von den Kendangs (Trommeln) und die Melodie wird von dem Reyong (Kesselgongs) und von den Gangsas (kleinere, höher klingende Metallofonen) umspielt. Diese Umspielung ist i.d.R. vier mal so schnell wie die Ausgangsmelodie. Mann kann sich so einen Melodiedurchgang vereinfacht wie folgt vorstellen:

Metrum 1 2 3 4 5 6 7 8
Verzierung xxxx xxxx xxxx xxxx xxxx xxxx xxxx xxxx
Melodie x x x x x x x x
Undir x x x x

Schematische Darstellung eines Melodiedurchgangs

Die Melodien können viel länger als 8 Töne sein und es kann mehrere Ebenen geben z.B. Manche Instrumente verstärken jeden zweiten Ton (Undir), wieder andere nur jeden vierten (Jegogan).

Verzierung – Kotekan

Weil die Verzierung vier mal schneller als die Melodie gespielt wird, braucht man Techniken um dies überhaupt zu ermöglichen.1 In unserem Kulturkreis hat man die Instrumente den Anforderungen angepasst, – denken Sie z.B. an die Repetitionsmechanik, die den großen Klaviervirtuosen des 19. Jahrhunderts neue Möglichkeiten bot – anderswo ging man jedoch andere Wege.

Auf Bali wird eine Verzierung von mehreren Musikern gespielt, und zwar so, dass jeder nur ein Teil der Melodie Spielt. Diese Teile müssen dann exact ineinander greifen, damit die komplette Melodie erklingt. Die Kombination von zwei oder mehr Spielern die eine (schnellere) Melodie spielen heißt Kotekan. Eine Möglichkeit dies zu erreichen wäre:

Spieler 1: x   x   x   x
Spieler 2:   x   x   x

Diese Aufteilung, wobei zwei Spieler abwechselnd einen Ton spielen, wird tatsächlich benutzt, es gibt aber noch viele andere Möglichkeiten, z.B:

Spieler 1: x   x x   x   x x   x x   x   x 
Spieler 2:   x   x x   x x   x   x x   x x

Manche Töne werden hier gemeinsam gespielt. So ein Pattern ist leichter durch zu halten (ich spreche aus eigener Erfahrung) als das erste.

Ich wollte mal ermitteln, welche Patterns möglich sind, wenn man folgende Regeln beachtet:2

  • ich betrachte Gruppen die aus 8 Tönen bestehen
  • diese Gruppen sollten wiederholbar sein
  • es sollten nicht mehr als zwei schnelle Töne aufeinander folgen
  • die Pausen sollten nicht länger als eine Einheit sein

Dazu habe ich ein kleines Programm geschrieben, dass alle mögliche Patterns generiert, und danach die verwirft, die nicht die gewünschte Kriterien erfüllen (z.B. zu viele Noten hintereinander).

Die Ergebnisse sind:

1:   x   x   x   x
2:   x   x x   x x
3:   x x   x   x x
4:   x x   x x   x
5: x   x   x   x
6: x   x   x x   x
7: x   x x   x   x
8: x   x x   x x
9: x x   x   x x

Jetzt muss man nachsehen, welche Patterns sich mit einander kombinieren lassen. Dabei sollte es nicht vorkommen, dass kein Ton gespielt wird. Die Kombination (5) und (1) habe ich schon erwähnt, wie auch die Kombination (7) und (2). Die mögliche Kombinationen sind:

1:   x   x   x   x
5: x   x   x   x

2:   x   x x   x x
6: x   x   x x   x

2:   x   x x   x x
7: x   x x   x   x

2:   x   x x   x x
8: x   x x   x x

3:   x x   x   x x
7: x   x x   x   x

3:   x x   x   x x
8: x   x x   x x

3:   x x   x   x x
9: x x   x   x x

4:   x x   x x   x
8: x   x x   x x

4:   x x   x x   x
9: x x   x   x x

Zu meiner Überraschung ist die Anzahl der Patterns nicht so groß. Als ich anfing, mich mit dieser Musik auseinander zu setzen, meinte ich, die Möglichkeiten eine Melodie zu verzieren seien fast unbegrenzt. Mittlerweile weiß ich, dass zumindest die Anzahl der Rhythmen die ich beherrschen muss (9 Patterns) eher klein ist. Dafür sollten sie aber mit atemberaubender Geschwindigkeit und Präzision ausgeführt werden.

Ich habe hier die Töne, mit denen man eine Melodie umspielt, völlig außer betracht gelassen und mich nur auf den Rhythmus bezogen. Auch habe ich mich auf Patterns mit länge 8 beschränkt. In späteren Artikeln möchte ich auf den umspielten Tönen und auf längere Patterns eingehen.


  1. Eine Geschwindigkeit von 120 bpm (2 Töne pro Sek.) ist keine Seltenheit. Die Musiker die die Verzierung versorgen spielen demnach etwa 16 Töne pro Sekunde. [return]
  2. vgl. Tenzer, M [return]